Die Kraft der Komplimente

Hand aufs Herz: Wann haben Sie einem Kollegen zum letzten Mal ein Kompliment gemacht? Nutzen Sie dieses Potential, rät der Knigge-Fachmann.

Durch die Sexismus-Debatte sind manche Männer unsicher: Darf ich denn einer Frau gar kein Kompliment mehr machen? Keine Angst, meine Herren. In meinem „Komplimente-Knigge“ zeige ich Ihnen kurz auf, was geht und was nicht. Wenn Sie die Frauen in Ihrem Freundeskreis fragen, bekommen Sie garantiert immer noch die einhellige Antwort: Na klar freuen wir uns, wenn man(n) uns ein Kompliment macht. Doch nicht jedes gut gemeinte Kompliment kommt wirklich gut an.

Knigge-Regel Nr. 1: Erlaubt sind Komplimente über alle Dinge, die man kaufen kann. Konkret: Make-up, Schmuck, Accessoires, Schuhe, Uhr. Ein Kommentar wie „Deine neue Brille finde ich stylisch, die passt super zu deinem Look!“ kommt sicher wertschätzend an. Die Dame spürt, dass Sie als Mann ein guter Beobachter sind und dieses Detail wahrgenommen haben.
Knigge-Regel Nr. 2: Tabu sind alle Komplimente zu körperlichen Merkmalen. Konkret: zu Busen, Hüfte, Po und Beinen. Hier ist die Grenze zur Anzüglichkeit leicht überschritten, Ihr Kompliment kann schnell als plumpe Anmache oder gar als sexuelle Belästigung gewertet werden.
Knigge-Regel Nr. 3: Stärken Sie das Selbstwertgefühl einer Frau, aber verletzen Sie nicht Ihre Würde! Ich bin überzeugt, dass eine Dame intuitiv spürt, ob Ihr Kompliment ehrlich gemeint ist oder nur Mittel zum Zweck.

Komplimente zur persönlichen Ausstrahlung

Die Singlebörse Parship hat eine Umfrage unter 3.000 Teilnehmerinnen erstellt. Ergebnis: Frauen freuen sich über Komplimente zu ihrer Ausstrahlung, dem Lächeln und ihrem Auftreten. Hinzu kommen Humor, Intelligenz und guter Stil. Noch ein Ergebnis dieser Untersuchung: Komplimente, die ausdrücken, die Frau sei besonders sportlich oder erfolgreich, kommen in Wahrheit gar nicht gut an. Liebe Männer, ich mache Ihnen Mut, aktiv Komplimente zu trainieren. Jedes ehrlich gemeinte Kompliment ist ein verbales Geschenk. Schärfen Sie Ihren Blick für das Schöne und suchen Sie nach kreativen Ausdrücken, um Ihre Komplimente authentisch zu überbringen.

Formulieren Sie ein aufrichtiges Lob

Besonders in langjährigen Partnerschaften finde ich diese Wertschätzung sehr wichtig. Lassen Sie diese Form der Höflichkeit nicht aussterben und formulieren Sie ein aufrichtiges Lob für Ihre Partnerin. Gerade in der Like-Kultur von Facebook und Co. finde ich das besonders wichtig: Etliche Nutzer ändern regelmäßig ihr Profilbild. Warum? Weil sie binnen Minuten eine Fülle von netten Kommentaren bekommen! Doch während es vielen in den sozialen Netzwerken leichtfällt, ein Kompliment zu machen, fällt es etlichen ausgesprochen schwer, in der realen Welt eine positive Bestätigung zu formulieren. Deshalb mein klares Plädoyer: Trainieren Sie Live-Komplimente. Gerade weil sie nicht öffentlich gepostet werden, sind sie so exklusiv und authentisch. Bitte ärgern Sie sich nicht, falls mal ein Kompliment danebengeht. Dazu ein sehr persönliches Beispiel, das ich gerne auch in meinen Ausbildungen zum Knigge-Trainer erzähle:

Business: Komplimente von Mann zu Mann?

Unvergessen ist der Besuch eines Marketingberaters, der bei meiner Frau und mir klingelte. Als ich die Tür öffnete, fielen mir zuerst seine Husky-blauen Augen auf! Überrascht, wie ich war, formulierte ich ein spontanes Kompliment: „Sie haben wunderschöne strahlende Augen!“ Überrascht schaute mich der Geschäftspartner an: Es war sein erster Besuch, wir kannten uns nur vom Telefon. Dann fing er sich wieder und folgte mir grinsend ins Büro. Noch Jahre später erinnerte er mich lachend an die erste Begegnung. Es war für ihn offensichtlich das erste Mal, dass ihn ein Mann auf seine strahlenden Augen ansprach. Sein Kommentar: Damit habe ich ihm vom ersten Moment eine treffende Charakterisierung geliefert. Ich sei für ihn ein Mann mit scharfer Beobachtungsgabe, der auch den Mut habe, diese Beobachtungen auszusprechen. Das nützte trotz Fauxpas für ein schönes Kompliment.

Fokussieren Sie sich auf positive Beobachtungen

Gerade im beruflichen Alltag haben viele Männer Probleme damit, ein Kompliment zu machen. Zugegeben: Ich bin in Baden-Württemberg aufgewachsen und habe seit frühester Kindheit immer wieder diesen Satz gehört: „Nicht geschimpft ist genug gelobt!” Was auf den ersten Blick wie ein harmloser Scherz klingt, ist aus kultureller Sicht grober Unfug. Mit dieser Prägung starten etliche Männer ihren Job im Fehlersuch-Modus und suchen permanent nach Missständen. Statt sich die Zeit für ein ermutigendes Feedback zu nehmen, kommen sie schnell auf den kritischen Punkt zu sprechen und wundern sich dann, wenn die Motivation sinkt. Keine Sorge: Ich bin niemand, der Fehler schönreden will. Doch wer primär über Kritik sein Team führt, muss sich nicht wundern, wenn die Stimmung umschlägt.

Komplimente sind wirkungsvoller als Kritik

In einer wissenschaftlichen Studie wurde untersucht, welche Auswirkungen Kundenumfragen auf das Kaufverhalten haben: Kunden, die zuerst nach positiven Dingen gefragt wurden statt nach Verbesserungsvorschlägen, kauften häufiger wieder bei dieser Firma ein. Die Untersuchung ergab: Durch den positiven Einstieg in den Dialog entstand eine positive Beziehung zum Anbieter. Denselben Effekt erleben Sie als Führungskraft, wenn Sie in einer Teamsitzung Ihre Mitarbeiter zuerst nach den Dingen fragen, die beim letzten Projekt besonders gut gelaufen sind. In der Regel erleben Sie eine positive Grundstimmung im Team, die das gegenseitige Vertrauen stärkt.

Ich möchte nochmals deutlich darauf hinweisen: Ignorieren Sie Fehler nicht. Sprechen Sie als Teamleiter konkret kritische Punkte an. Doch belassen Sie es nicht dabei. Nutzen Sie jede passende Chance zu einem wertschätzenden und ermutigenden Feedback. Ihre Mitarbeiter im Team erkennen sehr schnell, ob das „Gesamtpaket” an Feedback stimmt und Ihre Rückmeldung ehrlich gemeint ist.

Bleiben Sie natürlich

Manche Männer übertreiben es derart mit Komplimenten, dass die Kollegen den Eindruck gewinnen, „der will sich anbiedern”. Wenn Sie eher introvertiert sind, werden Sie vermutlich eher sachlich loben und ermutigen. Das ist absolut in Ordnung, sie punkten mit Natürlichkeit. Wenn Sie extrovertiert führen, kommt Ihnen ein Kompliment leichter über die Lippen. Hinterfragen Sie sich selbst kritisch: Meine ich es wirklich ehrlich? Wenn nicht, empfehle ich Ihnen, besser zu schweigen.

Darf ich zuerst ein Kompliment machen und dann kritisieren? Offen gestanden halte ich von dieser Sandwich-Taktik überhaupt nichts. Nach meiner Beobachtung wird sie gerne von harmoniebedürftigen Chefs angewandt. Doch dem Mitarbeiter hilft sie nur wenig, weil er sehr schnell merkt, wie der Hase läuft, und beim ersten Kompliment schon die Schultern einzieht, statt dies zu genießen. Stattdessen empfehle ich Ihnen, Komplimente strikt von Kritik zu trennen. Nur bei regelmäßigen Mitarbeitergesprächen halte ich eine Kombination von positivem Feedback und Verbesserungsvorschlägen für sinnvoll. Mein Tipp: Reden Sie Konflikte nicht schön und malen Sie auch misslungene Aktionen nicht bunt an.

Dosieren Sie Ihre Komplimente

Ich persönlich empfinde jedes Kompliment als etwas ganz Besonderes. Von daher empfehle ich Ihnen, auf das richtige Maß zu achten: Überschütten Sie Ihre Mitarbeiter nicht mit einer Flut von positiven Aufzählungen. Loben Sie einen konkreten Punkt und belassen Sie es dabei. Bitte verzichten Sie auch auf einen Rundumschlag: Wenn drei Mitarbeiter im selben Büro sitzen, zuerst ein Kompliment für Herrn Neubert, dann für Frau Schulte und schließlich für Frau Seifert. Das wirkt nicht authentisch! Danken Sie stattdessen Ihrem gesamten Team, wenn ein gemeinsames Projekt gelungen ist. Äußern Sie Komplimente individuell – am besten unter vier Augen. Fokussieren Sie Ihre Aufmerksamkeit nicht nur auf die Sympathieträger in Ihrem Unternehmen. Bleiben Sie beim Verteilen von Komplimenten auch fair gegenüber den Personen, die nicht zu Ihren „Lieblingen” zählen.

Ich bin mir sicher, Sie finden bei jedem Kollegen einen Anteil, den Sie lobend herausstellen können. Nutzen Sie die nächste Gelegenheit, um Ihre positive Beobachtung zu benennen. Vermeiden Sie Neid und Missgunst, indem Sie auch bei allen Mitarbeitern fair mit Kritik und Komplimenten umgehen. Verzichten Sie bewusst auf Vergleiche: „Das haben Sie viel besser gemacht als die Kollegin.”
Zum Abschluss möchte ich noch auf „äußerliche Komplimente” eingehen: Wie im Privatleben sind auch im Job alle körperlichen Eigenschaften tabu, für die jeder Mensch dankbar sein sollte, die aber nicht selbst gewählt sind. Konkret: Komplimente für schöne Augen, einen athletischen Körperbau, attraktive Haare zählen im Businessalltag zur Tabu-Zone. Wenn Sie dagegen eine originelle Krawatte loben oder eine passende Brille, sind Sie auf der sicheren Seite. Auch hier sollten Sie unbedingt Maß halten. Falls Sie einen Mitarbeiter nur für Äußerlichkeiten loben und nie für seine Leistungen, kann dies mitunter sehr peinlich werden. Gerade bei einem introvertierten Verhaltensstil kann es Ihnen passieren, dass sich Ihr Mitarbeiter schlecht fühlt, weil er nur auf Äußerlichkeiten reduziert wird.
Mein Tipp: Praktizieren Sie in Ihrem Unternehmen eine ausgewogene Kultur der Wertschätzung, in der Komplimente selbstverständlich dazugehören. Gehen Sie als Vorgesetzter mit gutem Beispiel voran. Ich bin mir sicher, dass Sie damit auch den ermutigenden Austausch von Komplimenten im gesamten Team fördern.

Rainer Wälde ist Ehrenvorsitzender des Deutschen Knigge-Rats und bildet selbst Knigge-Trainer aus. Gemeinsam mit seiner Frau leitet er die Gutshof Akademie südlich von Kassel.

Jesus.de/jobs ist jetzt edenjobs. Die christliche Jobbörse mit jahrzehntelanger Erfahrung in der erfolgreichen Stellenvermittlung zwischen christlichen Arbeitgebern und Jobsuchenden.

Persönlicher Kontakt

edenjobs.de
Bodenborn 43 | 58452 Witten
service@edenjobs.de

Telefonische Beratung für Anbieter:
02302 930 93 643
(Mo-Fr. 10-15 Uhr)